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Ein Kind mit Downsyndrom: Die Sorgen — und die Freuden

Ein Kind mit Downsyndrom: Die Sorgen — und die Freuden

Ein Kind mit Downsyndrom: Die Sorgen — und die Freuden

„Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber Ihr Baby hat das Downsyndrom.“ Nach diesen schockierenden Worten aus dem Mund eines Arztes bricht für viele Eltern eine Welt zusammen. Víctor erinnert sich: „Es war wie ein Albtraum für mich, aus dem ich einfach nur aufwachen wollte.“

DAS Ganze hat allerdings zwei Seiten. Emily und Barbara, zwei Mütter von Kindern mit Downsyndrom, beschreiben ihre Erlebnisse als eine „emotionale Achterbahnfahrt: mal rasante Fortschritte, dann bodenlose Enttäuschung, tägliche Sorgen und Frustrationen, aber auch unglaubliche Erfolgserlebnisse“ (Count Us In—Growing Up With Down Syndrome [Bezieht uns mit ein. Aufwachsen mit dem Downsyndrom]).

Was ist das Downsyndrom (DS) eigentlich? * Kurz gesagt handelt es sich um eine angeborene genetische Besonderheit, die im Schnitt etwa eins von 700 Kindern betrifft. * Kinder mit DS haben unterschiedlich große Lern- und Sprachschwierigkeiten und ihre motorischen Fähigkeiten sind leicht bis stark eingeschränkt. Auch ihre emotionale, soziale und intellektuelle Entwicklung dauert deutlich länger.

Wie stark ist denn die Lernfähigkeit dieser Kinder eingeschränkt? Jason Kingsley, der selbst DS hat und Mitautor des bereits zitierten Buchs Count Us In ist, erklärt: „Ich sehe das nicht als Behinderung. Es ist ein Nachteil beim Lernen, weil man ziemlich langsam lernt. Ist aber nicht so schlimm.“ Man muss wissen, dass jedes Kind mit DS anders ist und ganz individuelle Begabungen hat. Nicht wenige schaffen es, so viel zu lernen, dass sie sich voll in die Gesellschaft integrieren und ein erfülltes Leben führen können.

Es gibt keine Möglichkeit, diese genetische Abweichung zu verhindern — weder vor noch während der Schwangerschaft. Niemand trifft Schuld daran. Und doch ist es für Eltern ein gewaltiger Schock. Was können sie in dieser Situation für ihr Kind und für sich selbst tun?

Sich der Realität stellen

Zu akzeptieren, dass das eigene Kind DS hat, ist wirklich nicht einfach. „Für uns ging eine Welt unter“, erinnert sich Lisa. „Als wir begriffen, was der Kinderarzt uns da gerade erklärt hatte, brachen wir in Tränen aus. Ich weiß nicht mal, ob wegen Jasmine oder weil wir uns selbst so leidtaten. Wahrscheinlich war es beides. Trotzdem konnte ich es nicht erwarten, sie in meinen Armen zu halten und ihr zu sagen, dass ich sie immer lieben würde, ganz egal, was noch alles auf uns zukäme.“

„Mir schoss alles Mögliche durch den Kopf“, erzählt Víctor. „Ängste, die Furcht vor Ablehnung, dass nichts mehr so sein würde, wie es war, und andere uns aus dem Weg gehen würden. Ehrlich gesagt war das ziemlich egoistisch gedacht — wir wussten einfach nicht, was uns erwartet.“

Das Gefühl der Trauer und Ungewissheit verschwindet meist nicht von heute auf morgen; es kann einen auch später immer wieder einholen. „Ich musste oft weinen, wenn ich Susana so sah“, berichtet Elena. „Aber als sie vier war, sagte sie einmal zu mir: ‚Mami, nicht weinen . . . macht doch nichts.‘ Natürlich verstand sie nicht, warum ich weinte. Doch in diesem Moment beschloss ich, mich nicht länger selbst zu bemitleiden und alle negativen Gedanken zu verscheuchen. Seit damals versuche ich, mich voll und ganz auf sie zu konzentrieren, damit sie ihr Potenzial voll ausschöpfen kann.“

Was das Kind jetzt braucht

Wie sieht die optimale Erziehung aus? „Schenken Sie ihrem Kind viel Liebe! Alles andere ist zweitrangig“, so der Rat von Experten. „Menschen mit Downsyndrom sind in erster Linie Menschen“, betont Professorin Sue Buckley. „Ihre Entwicklung . . . wird, wie bei jedem, davon beeinflusst, wie gut man sich um sie kümmert, sie geistig fördert und welche sozialen Erfahrungen sie machen können.“

In den letzten 30 Jahren hat sich auf dem Gebiet der Lerntechniken für Kinder mit DS viel getan. Therapeuten raten den Eltern, diese Kinder nicht nur bei allen Aktivitäten der Familie mit einzubeziehen, sondern sie sowohl spielerisch als auch durch spezielle Frühförderprogramme gezielt zu fördern. Zu diesen Programmen, die schon bald nach der Geburt genutzt werden sollten, gehören Krankengymnastik, Sprachtherapie und persönliche Betreuung sowie emotionale Unterstützung für das Kind und den Rest der Familie. „Susana ist immer eine von uns gewesen“, erzählt ihr Vater Gonzalo. „Wir haben sie von Anfang an voll mit einbezogen. Und wir waren mit ihr nicht mehr aber auch nicht weniger streng als mit ihrem Bruder und ihrer Schwester, natürlich immer mit Rücksicht auf ihre Grenzen.“

Man braucht allerdings Geduld. Manche Kinder mit DS sprechen erst mit 2 oder 3 Jahren ihre ersten Worte. Da sie sich nicht mitteilen können, reagieren sie vielleicht gereizt oder fangen schnell zu weinen an. Glücklicherweise können die Eltern ihnen einige „präverbale Fähigkeiten“ beibringen, etwa eine einfache Zeichensprache, begleitet von Gesten und visuellen Hilfsmitteln wie Bildern. So kann das Kind wichtige Bedürfnisse ausdrücken wie „trinken“, „mehr“, „fertig“, „essen“ oder „schlafen“. Lisa erzählt: „Wir haben ein Familienprojekt daraus gemacht und Jasmine jede Woche zwei oder drei Zeichen beigebracht. Wichtig war, es oft zu wiederholen und dabei eine Menge Spaß zu haben.“

Erfreulicherweise besuchen Jahr für Jahr mehr Kinder mit DS eine reguläre Schule, und in der Freizeit werden sie von Geschwistern oder Freunden mit einbezogen. Auch wenn ihnen das Lernen schwerer fällt — mit Gleichaltrigen zur Schule zu gehen hilft ihnen offenbar, auf eigenen Beinen zu stehen, mit anderen zu interagieren und geistig nicht auf der Stelle zu treten.

Da sich Kinder mit DS langsamer entwickeln, wird der Lernabstand zwischen ihnen und ihren Mitschülern mit der Zeit größer. Manche Experten empfehlen allerdings, sie auch als Jugendliche auf eine normale Schule mit zusätzlicher Lernförderung zu schicken, vorausgesetzt Lehrer und Eltern sind einverstanden. „Wir sind froh, dass Yolanda durchweg auf eine normale Schule gegangen ist. Der größte Vorteil war, dass sie richtig integriert wurde“, erzählt ihr Vater Francisco. „Sie konnte von Anfang an mit anderen Kindern spielen, und diese haben gelernt, normal mit ihr umzugehen und sie überall mitmachen zu lassen.“

Die Freude überwiegt bei Weitem

Ein Kind mit DS großzuziehen kann ein steiniger Weg sein. Es erfordert viel Zeit, Anstrengung, Hingabe und Geduld und man muss in seinen Erwartungen realistisch sein. „Es gehört so viel dazu, sich um Ana zu kümmern“, erzählt ihre Mutter Soledad. „Ich musste lernen, eine geduldige Mutter, Krankenschwester und Physiotherapeutin zu werden, alles in einer Person, und das neben der täglichen Hausarbeit.“

Dennoch: Viele Familien betonen, wie eng sie zusammengerückt sind, weil eines ihrer Kinder DS hat. Die Geschwister lernen, weniger ichbezogen zu sein, mitfühlender zu werden und behinderten Menschen mit mehr Verständnis zu begegnen. „Unsere Geduld hat sich echt gelohnt“, sagen Antonio und María. „Marta, unsere älteste Tochter, ist immer für ihre kleine Schwester Sara da und kümmert sich rührend um sie. Und es hat Marta motiviert, auch anderen Kindern mit Behinderungen zu helfen.“

Rosa, deren ältere Schwester DS hat, erzählt: „Susana hat mir so viel Liebe gegeben und mein Leben total bereichert. Sie hat mir auch geholfen, mehr Mitgefühl für Menschen mit Behinderungen zu haben.“ Susanas Mutter Elena fügt hinzu: „Sie reagiert auf Freundlichkeit. Die Liebe, die man ihr schenkt, gibt sie doppelt zurück.“

Was ist mit Emily und Barbara, den beiden Müttern, die eingangs zu Wort kamen? Sie haben erlebt, dass „Menschen mit Downsyndrom ihr Leben lang dazulernen und von neuen Gelegenheiten und Erfahrungen profitieren“. Hier noch ein einfacher Tipp für betroffene Eltern — von Yolanda, die selbst DS hat: „Ihr müsst euer Kind richtig lieb haben. Macht es wie meine Eltern, die immer für mich da sind. Und bleibt schön geduldig.“

[Fußnoten]

^ Abs. 4 In diesem Artikel wird überwiegend die Abkürzung DS verwendet.

^ Abs. 4 Das Syndrom wurde nach dem britischen Arzt John Langdon Down benannt, der 1866 als Erster eine genaue Beschreibung veröffentlichte. 1959 fand der französische Genetiker Jérôme Lejeune heraus, dass Kinder mit DS von Geburt an 47 statt 46 Chromosomen haben. Wie man später feststellte, entsteht das zusätzliche Chromosom durch Verdreifachung (statt Verdoppelung) des Chromosoms 21.

[Kasten/Bilder auf Seite 20, 21]

Haben Menschen mit Downsyndrom Freude am Leben?

Was sie selbst sagen . . .

„Ich arbeite gern in der Werkstatt im Förderzentrum, weil ich mich dann gebraucht fühle“ (Manuel, 39)

„Was ich am liebsten mag? Die Paella meiner Mutter essen und zusammen mit meinem Vater anderen von der Bibel erzählen“ (Samuel, 35)

„Ich gehe gern zur Schule, weil ich viel lernen will und meine Lehrer mich echt lieb haben“ (Sara, 14)

„Mach dir keine Sorgen, sei nett zu anderen und spiel mit jedem. So lernst du Stück für Stück“ (Yolanda, 30)

„Ich liebe Lesen, Musik hören und mit Freunden zusammen sein“ (Susana, 33)

„Ich will groß werden. Ich will mal ganz viel erleben“ (Jasmine, 7)

[Kasten/Bild auf Seite 22]

Hinweise zum Thema Kommunikation

Menschen mit Downsyndrom schätzen es, wenn man richtig mit ihnen kommuniziert. Hier ein paar Vorschläge:

● Von vorn mit ihnen sprechen, um direkten Augenkontakt herzustellen

● In kurzen, einfachen Sätzen sprechen

● Das Gesagte durch Mimik, Gesten und Zeichen unterstreichen

● Genug Zeit lassen zum Verstehen und Antworten

● Genau zuhören. Sie bitten, Anweisungen zu wiederholen