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Ein 100 Jahre altes Monumentalwerk des Glaubens

Ein 100 Jahre altes Monumentalwerk des Glaubens

„Bruder Russell sieht ja noch wirklicher aus als in Wirklichkeit!“ (Kommentar eines Besuchers, der 1914 das „Photo-Drama“ sah)

DIE Uraufführung des „Photo-Dramas der Schöpfung“ hat dieses Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum. Diese monumentale Vorführung sollte den Glauben in die Bibel als das Wort Gottes stärken. Zu einer Zeit, als Evolution, Bibelkritik und Skeptizismus den Glauben vieler untergruben, wurde durch das „Photo-Drama“ Jehova als der große Schöpfer verteidigt.

Charles T. Russell, der damals unter den Bibelforschern führend voranging, hielt ständig nach den besten Möglichkeiten Ausschau, die biblische Wahrheit so schnell wie möglich zu verbreiten. Die Macht des gedruckten Wortes hatten die Bibelforscher schon über drei Jahrzehnte genutzt. Doch nun erregte etwas Neues ihre Aufmerksamkeit: bewegte Bilder.

DIE GUTE BOTSCHAFT AUF DER LEINWAND

In den 1890er-Jahren trat der Stummfilm ins Leben der Menschen. Schon 1903 konnte man einen religiösen Film in einer Kirche in New York sehen. Als 1912 die Vorbereitungen für das „Photo-Drama“ von Bruder Russell mutig vorangetrieben wurden, steckte die Filmindustrie also noch in den Kinderschuhen. Er hatte erkannt, dass man durch das Medium Film die Wahrheit der Bibel auf eine Art vermitteln könnte, wie es Papier allein niemals schaffen würde.

Das „Photo-Drama“ dauerte insgesamt acht Stunden und bestand aus vier Teilen. Bei der Vorführung waren Aufnahmen von 96 kurzen biblischen Vorträgen zu hören, gelesen von einem Sprecher, dessen Stimme zu den bekanntesten der damaligen Zeit gehörte. Zur Untermalung erklang auch klassische Musik. Geschickte Vorführer bedienten die Grammofone und synchronisierten die Sprech- und Musikaufnahmen zu den bunten Glasbildern und Filmen, auf denen bekannte Szenen aus der Bibel zu sehen waren.

„Man sah einfach alles: von der Erschaffung der Sterne bis hin zu dem großartigen Höhepunkt der Tausendjahrherrschaft Christi“ (F. Stuart Barnes, der 1914 vierzehn Jahre alt war)

Das meiste Filmmaterial und viele Glasbilder kamen aus kommerziellen Filmstudios und Ateliers. Professionelle Künstler in Philadelphia, New York, Paris und London kolorierten in Handarbeit die Glasplatten und Filme Bild für Bild. Aber auch das Bethel hatte eine Künstlerwerkstatt, in der koloriert wurde,  oft weil zerbrochene Glasplatten ersetzt werden mussten. Außerdem drehten einige aus der Bethelfamilie in Yonkers in der Nähe von New York eine Filmszene, und zwar die Begebenheit, als ein Engel Abraham davon zurückhält, Isaak zu opfern (1. Mo. 22:9-12).

Bei den geübten Vorführern war Präzision gefragt, um 3 000 Meter Film, 26 Schellackplatten und 500 Glasbilder aufeinander abzustimmen

In einem offiziellen Bericht schrieb ein Gefährte von Bruder Russell, dass die Vorführungen „das Interesse Tausender an der Schrift wecken und in nie gekannter Weise zur Verbreitung religiöser Botschaften“ beitragen werden. War die Geistlichkeit von dieser fortschrittlichen Methode begeistert? Immerhin könnten Massen von Menschen erreicht werden, die sich in geistiger Finsternis befanden. Man war alles andere als begeistert. Christliche Prediger wetterten öffentlich gegen das „Photo-Drama“. Direkt unverfroren oder auch richtig hinterhältig versuchten manche zu verhindern, dass die Leute es sehen konnten. So sorgte in einem Fall eine Predigervereinigung dafür, dass der Strom abgeschaltet wurde.

Platzanweiserinnen aus umliegenden Versammlungen verteilten unzählige bebilderte Broschüren mit Auszügen aus dem „Photo-Drama“

Es wurden auch „Pax“-Pins (Friedenszeichen) verteilt, auf denen Jesus als Junge zu sehen war; sie sollten den Träger daran erinnern, ein „Sohn des Friedens“ zu sein

Trotzdem waren die Theater proppenvoll mit Menschen, die das „Photo-Drama“ sehen wollten. Es konnte täglich in bis zu 80 Städten gezeigt werden. Der Eintritt war frei. Viele sahen zum ersten Mal „sprechende Bilder“ und staunten nur so. Mithilfe von Zeitrafferaufnahmen erlebten die Zuschauer zum Beispiel, wie sich ein Küken aus dem Ei den Weg ins Leben pickt oder wie sich eine edle Blüte entfaltet. Die damaligen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die dort auf Leinwand gebannt wurden, machten deutlich, wie weise Jehova doch ist. Es war alles so real, dass ein Besucher, der Bruder Russell bei seiner Vorrede sah, sogar fand: „Bruder Russell sieht ja noch wirklicher aus als in Wirklichkeit!“

EINE ECHTE MEISTERLEISTUNG

In diesem New Yorker Theater der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung wurde am 11. Januar 1914 das „Photo-Drama“ uraufgeführt

Der Autor und Filmhistoriker Tim Dirks beschrieb das „Photo-Drama“ als „die erste bedeutende Filmvorführung, die Filmstreifen, bunte Laterna-magica-Glasbilder und synchronisierten Ton (Sprechaufnahmen) miteinander verband“. In anderen Filmen hatte man zwar schon manche dieser Techniken verwendet, doch nicht alle in einer einzigen Produktion. Und: Das „Photo-Drama“ stellte die Bibel in den Mittelpunkt. Außerdem kamen zu keinem Film so viele Zuschauer — allein im ersten Jahr sage und schreibe 9 Millionen in Nordamerika, Europa, Australien und Neuseeland.

Die Uraufführung des „Photo-Dramas“ fand am 11. Januar 1914 in New York statt. Sieben Monate später brach über die Welt die Katastrophe herein, die als 1. Weltkrieg in die Geschichte eingehen sollte. Doch rund um den Globus ließen es sich Menschen nicht nehmen, weiter das „Photo-Drama“ zu besuchen. Was Gottes Königreich alles Wunderbares bringen wird, wurde für sie greifbar und gab vielen Trost. Für das Jahr 1914 war das „Photo-Drama“ etwas absolut Außergewöhnliches, das steht fest.

Mit den 20 Sets des „Photo-Dramas“ reisten Vorführteams durch ganz Nordamerika